Kindeswohlgefährdung erkennen und richtig handeln

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Interview Frau Dr. Kaufmann Headerbild

 

Kindeswohlgefährdung bezieht sich auf Situationen, in denen das körperliche, emotionale oder soziale Wohl eines Kindes in Gefahr ist. Leider bleiben vieler dieser Fälle unerkannt, da diese im Verborgenen bleiben und nicht gemeldet werden. Bei SAB.Ruhr steht der Schutz und das Wohlergehen von Kindern an erster Stelle. Aus diesem Grund haben sich unsere pädagogischen Fachkräfte Frau Ute Kaufmann und Herr Frank Nickel zur "Kinderschutzfachkraft"(InsoFa) weitergebildet. Mit dem folgenden Interview und unseren Schulungen zur Kindeswohlgefährdung möchten wir dich über das Erkennen und Vorgehen sowie die Maßnahmen im Falle einer Kindeswohlgefährdung in der Schulbegleitung aufklären. Ganz nach unserem Motto: Für die gemeinsame Sache!

 

Kindeswohlgefährdung erkennen

Kinderschutzfachkräfte sind geschult, Anzeichen von möglicher Kindesvernachlässigung, körperlichem Missbrauch, emotionaler Misshandlung oder sexuellem Missbrauch zu erkennen. Wenn die Schulbegleitung einen Verdacht bezüglich der Kindeswohlgefährdung hegt, muss dies an die Kinderschutzfachkräfte weitergegeben werden. Gemeinsam finden wir eine Lösung!

Beratung und Unterstützung

Kinderschutzfachkräfte bieten Unterstützung für Familien, in denen Kindeswohlgefährdung vermutet wird oder bereits festgestellt wurde. Sie können Ratschläge, Informationen und Hilfsdienste bereitstellen, um die Situation für das Kind zu verbessern.

Kooperation

Kinderschutzfachkräfte arbeiten oft mit verschiedenen Fachleuten zusammen, darunter z.B. Ärzte, Lehrkräfte, Psychologen sowie Polizisten, um umfassende Unterstützung für gefährdete Kinder bereitzustellen.

Fallmanagement

Wenn eine Kindeswohlgefährdung festgestellt wird, können Kinderschutzfachkräfte in die Koordination von Schutzmaßnahmen und Interventionsstrategien involviert sein. Dies könnte die Entwicklung von Schutzplänen, die Überwachung der Fortschritte und die Anpassung der Maßnahmen umfassen.

Im Interview mit Ute und Frank werden uns Aufgaben, Erwartungen sowie Ziele einer InsoFa genauer beschrieben und die Wichtigkeit dieser Weiterbildung hervorgehoben:

 

Was ist eine Insoweit erfahre Fachkraft für Kinderschutz?

Besteht der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung (KWG) entstehen oft Unsicherheiten, welche Wege zu beschreiten sind, um das Kindeswohl zu sichern. Freie Träger der Jugendhilfe müssen zur Risikoeinschätzung im Falle des Verdachtes einer KWG eine Insoweit erfahrene Fachkraft (InsoFa)hinzuziehen. Um diese Aufgaben im Sinne des Kindeschutzes zu erfüllen, benötigt eine Insoweit erfahrene Fachkraft spezifische Voraussetzungen wie eine fachliche und persönliche Eignung und mehrjährige Berufserfahrung mit kindeswohlgefährdenden Situationen.

 

Warum habt ihr diese Weiterbildung durchgeführt?

Kinderschutz ist eine wichtige und herausfordernde Aufgabe. Unser Ziel ist es unsere Mitarbeiter*innen und Schulen kompetent, umfassend und objektiv im Falle des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung beraten und begleiten zu können. 

 

Wie lange dauert die Weiterbildung zur Kinderschutzkraft?

Die Weiterbildung umfasste eine Woche theoretischen Präsenzunterricht, Selbstlernzeit, eine Hausarbeit in Form einer Fallanalyse aus unterschiedlichen Sichtweisen und Entwicklung eines Handlungsplans. Nach der Hausarbeit gab es ein abschließendes Kolloquium, in dem man die Ergebnisse seiner Arbeit präsentierte und Fragen dazu beantwortete.

 

Welche neuen Aufgaben kommen durch diese Weiterbildung auf euch zu?

Wir nehmen aktiver an dem Prozess des Kinderschutzes teil. Wir können kompetenter zu der Thematik informieren, unsere Mitarbeiter*innen z.B. durch Schulungen und Workshops sensibilisieren und auf dem ganzen Weg begleiten.

Zu den Aufgaben einer InsoFa gehören:
Risikoeinschätzung, Beratung, Handlungsmöglichkeiten und Wege aufzeigen, psych. Unterstützung der Ratsuchenden, Qualitätssicherung in Bezug auf Gefährdungseinschätzungen, Netzwerkarbeit. Eine InsoFa sollte im Vorfeld nicht in die Arbeit mit dem Kind unmittelbar involviert sein, damit sie während der Beratung einen unvoreingenommenen Blick von Außen auf die Situation, Berichte etc hat.
 

Woran kann eine Kindeswohlgefährdung erkannt werden?

Eine Gefährdung startet bei fehlender Förderung und Unterstützung z.B. 

  • ein Kind wird nicht ausreichend oder adäquat durch die Familie gefördert. 
  • das Ausschließen eines Kindes (auch wenn das Kind möchte) im sozialen Freizeitkontakt, auf Grund von Beeinträchtigungen.

Ein gesetzlicher Leitsatz nach § 1666 Abs. 1 BGB, legt drei entscheidende Kriterien zur KWG vor.

  • Eine gegenwärtige vorhandene Gefahr 
  • Eine Erheblichkeit der Schädigung (das geistige und leibliche Wohl) 
  • Die Wahrscheinlichkeit der Vorhersage 

Härtere Fälle kann man sich ausmalen, es gibt keine Grenzen. 

 

Wieso ist das Hinzuziehen einer InsoFa im Falle einer Kindeswohlgefährdung empfehlenswert?

Entsteht der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung, ist dies für die Beteiligten (Schulbegleiter*innen, Lehrkräfte etc.) eine höchst emotionale Situation. Es entwickelt sich schnell ein großer Druck, dem Kind helfen zu wollen. Besonnenheit und überlegtes Handeln hilft dem Kind aber mehr als großer Aktionismus.
Eine InsoFa ermöglicht es, den Blick aller Beteiligten in der emotional geladenen Situation auf einen Außenblick zu lenken. Durch Erfahrung und Kompetenz kann sie die Beteiligten psychisch entlasten und Ruhe sowie Besonnenheit in den Prozess bringen. Handlungsmöglichkeiten und Wege können diskutiert werden. Vorschnelle und aus dem Druck entstandene Handlungen unterbunden werden.

 

Mit welchen Folgen muss man im Falle einer Kindeswohlgefährdung rechnen?

Zur Kindeswohlgefährdung zählen Vernachlässigung, psychische und körperliche Misshandlung und sexueller Missbrauch. Die Ausprägungen sind breitgefächert und genauso sind die Handlungsmöglichkeiten mannigfaltig. Ist vorhandene gegenwärtige Gefahr im Vollzug und eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, wird ein Kind durch das zuständige Jugendamt unmittelbar in Obhut genommen. In den meisten Fällen ist dies aber nicht nötig. Eine interne, kooperative Lösungssuche ist bei ersichtlichen Hilfebedarfen für das Kindeswohl vorgeschaltet, bevor es zu einer Mitteilung im Jugendamt kommt. Es können z.B. gemeinsame Gespräche geführt werden, Schutzvereinbarungen erstellt und niederschwellige Hilfen wie z.B. eine Familienhilfe oder der Besuch von Tagesgruppen geplant werden. Die zuständige InsoFa steht währenddessen beratend zur Seite und versucht die Beteiligten emotional zu entlasten.

 

Mit welchen Fachbereichen müsst ihr hierbei kooperieren?

Im Falle einer KWG sollten alle Beteiligten zusammenarbeiten. Diejenige, die als erste involviert wird, ist die zuständige Fachkraft, die auch die Entscheidungen über den zu beschreitenden Weg trifft. Die anderen Beteiligten verstehen sich als Verantwortungsgemeinschaft. Kann die Kindeswohlgefährdung durch Maßnahmen wie Gespräch und Schutzvereinbarungen nicht abgestellt werden, macht die fallführende Fachkraft eine Mitteilung nach §8a SGB VIII an das zuständige Jugendamt. Werden auch unter Einbezug des Jugendamtes keine Lösungen zu Gefahrenabwendung gefunden, wird das Familiengericht eingeschaltet.